Schnuller

Nuckeln und Saugen sind angeborene Verhaltensweisen.

Auf Ultraschallbildern kann man sehen, dass Kinder im Mutterleib schon ab dem fünften Schwangerschaftsmonat am Daumen lutschen. Bereits Minuten nach der Geburt saugen Babys kräftig an der Brust, wenn sie zum ersten Stillen angelegt werden. Die meisten – wenn auch durchaus nicht alle – Kleinkinder haben über die Nahrungsaufnahme hinaus ein ausgeprägtes Saugbedürfnis. Durchschnittlich 60 bis 80 Prozent aller Kinder in den Industrieländern bekommen dafür zwischen ihrem ersten und sechsten Lebensmonat einmal einen Schnuller angeboten.

Die Verwendung von Saughilfen ist weltweit verbreitet und die Geschichte lässt sich weit zurückverfolgen. Die ältesten erhaltenen Vorläufer des Schnullers stammen aus Ägypten und sind etwa 4.500 Jahre alt. Es handelte sich dabei um so genannte Saugtöpfe, die weniger der Nahrungszufuhr als vielmehr der Beruhigung der Kinder durch Befriedigung des Saugbedürfnisses dienten. Auch im klassischen Altertum dürfte die Verwendung von Schnullern weit verbreitet gewesen sein, es wurden zahlreiche kleine, mit Henkeln versehene Tierchen – z.B. Frösche – gefunden, die im Gesichtsbereich kleine Öffnungen aufwiesen. Diese Figuren wurden den Kindern um den Hals gehängt und mit Honig gefüllt. Bis ins Mittelalter waren diese Saugtierchen auch im deutschen Sprachraum bekannt. In anderen Kulturkreisen wurden auch feste Nahrungsmittel wie zum Beispiel Fische oder Fleischstücke verwendet, an denen Kinder stundenlang saugen konnten. In weiterer Folge wurden auch so genannte Lutschbeutel verwendet, also Stofflappen, die mit einem Mus aus Mehl, Brot und Honig gefüllt waren. Gebräuchlich war auch der Zusatz von Mohnköpfen oder Alkohol. Natürlich war dies mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden. Erst mit dem Aufkommen des Gummisaugers im vorigen Jahrhundert war ein Schnuller im heutigen Sinn bekannt.

Ein Schnuller kann den Stillerfolg möglicherweise beeinträchtigen. Deshalb rät beispielsweise die internationale Still-Organisation „La Leche Liga“ stillenden Müttern generell von der zu frühen Einführung des Schnullers ab. Eine Schweizer Studie konnte allerdings keinen negativen Effekt des Schnullers auf den Stillerfolg nachweisen.

Untersuchungen aus Neuseeland und England sprechen vorsichtig von einem „möglichen schützenden Effekt“ des Schnullers: Es gibt Hinweise, dass die Häufigkeit von SIDS bei Schnullerkindern geringer sein könnte als bei Kindern, die keinen Schnuller hatten.

Viele Mütter schlecken den Schnuller ab, bevor sie ihn dem Baby geben – aus Hygienegründen. Damit können aber Pilze (vor allem Soor) von der Mutter auf das Kind übertragen werden. Zwar ist das Risiko nicht besonders hoch, besser ist es dennoch, den Schnuller oder andere Gegenstände, die das Baby in den Mund nimmt, eher abzuwaschen.

  • Der Schnuller soll in Form und Größe für den Mund Ihres Kindes geeignet sein.
  • Der Schnuller hat eine dem Gaumen angepasste Form, also ein abgeflachtes, weiches Saugteil an beiden Seiten und eine schmale Auflage für die Kieferleisten und die Lippen.
  • Optimal sind Löcher im so genannten „Schild“.
  • Ein guter Schnuller verfügt auch über einen Ring, an dem der Schnuller an Babys Jäckchen angebunden werden kann, sodass er nicht dauernd auf den Boden fällt.
  • Geben Sie Ihrem Kind den Schnuller nur dann, wenn Sie sicher sind, dass es auch wirklich den Schnuller will. Vielleicht soll ein anderes Bedürfnis gestillt werden.
  • Der Schnuller sollte eher selten und möglichst kurz gegeben werden, das Saugbedürfnis ist häufig schon nach wenigen Minuten gestillt.
  • Nehmen Sie den Schnuller nach dem Einschlafen aus dem Mund Ihres Kindes. Viele Kinder spucken den Schnuller von selbst nach ca. 20 Minuten Tiefschlaf aus.
  • Sprechen sollte Ihr Kind besser ohne Schnuller.
  • Liegen in der Wohnung mehrere Schnuller griffbereit herum, so wird Ihr Kind dazu verführt, den Schnuller öfter zu verwenden als es vielleicht notwendig ist. Ein Schnuller sollte ausreichend sein. Manche Kinder tragen mehrere Schnuller mit sich herum.

Die modernen Schnuller bestehen entweder aus Silikon oder aus Naturkautschuklatex. Beide Materialien haben ihre Vor- und Nachteile:

Latex ist im Vergleich zu Silikon wesentlich reiß- und zugfester und damit besonders geeignet für Kinder, die schon Zähne haben. Einem Latex-Sauger können sie damit nicht so schnell Schäden zufügen. Latex ist aber nicht so hitzebeständig wie Silikon. Durch Sonneneinstrahlung und häufiges Auskochen wird der Latexsauger schneller porös.

Silikon ist weicher und eventuell angenehmer für das Baby als Latex. Silikon ist weniger elastisch als Latex und reißt sehr schnell ein, wenn sich erst mal ein Riss gebildet hat. Dann können auch Stücke abbrechen und vom Kind verschluckt werden.

Latex hat eine bräunliche Färbung, Silikon dagegen ist durchsichtig.

PVC oder flüchtige Schadstoffe sind in Saugern nicht enthalten. In Silikonschnullern wurde in einer Untersuchung lösliches Platin gefunden, theoretisch könnten dadurch bei gefährdeten Kindern Allergien ausgelöst werden. Ein Krebs erregender Zusatz (MBT) ist auf dem deutschsprachigen Markt nicht mehr erhältlich. Allerdings sollten Sie bei Auslandsreisen genug Reserveschnuller mitnehmen, denn nicht überall – auch nicht in ganz Europa – hat sich dieser Standard durchgesetzt.

Eine aktuelle Untersuchung von Global 2000 hat in Babyschnullern verschiedener Marken geringe Mengen der Substanz Bisphenol A nachgewiesen, die eine hormonelle (östrogenartige) Wirkung haben kann. Bisphenol A wurde vor allem im Schild des Schnullers und geringfügig auch im Sauger gefunden. Diese Substanz ist ein Ausgangsstoff der Kunststoffherstellung, für den bestimmte Grenzwerte von der EFSA (European Food Safety Authority) mit aktuell 50 ug pro Kilogramm Körpergewicht festgelegt sind.

Es ist nicht bekannt, ob die Substanz von Kindern, die Schnuller verwenden, auch tatsächlich in relevanter Dosis aufgenommen werden. Das Gesundheitsministerium hat dazu festgestellt, dass es keinen Rückschluss darauf gibt, ob und wie viel von dieser Substanz beim Lutschen überhaupt von den Kindern aufgenommen wird und eine Prüfung angeordnet.

Bisphenol A (BPA) ist ein hormonähnlicher Stoff mit östrogenartiger Wirkung und steht im Verdacht, gesundheits- und erbgutschädigend zu sein. Es stört nicht nur die Sexualentwicklung, sondern auch die Gehirnentwicklung bei Mäusen und Vögeln in entsprechend hohen Dosen.

Bisphenol A ist ein zugelasener Ausgangsstoff in der Kunststoff-Herstellung. Wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bestätigt, sind Materialien und Lebensmittel bei Einhaltung des Grenzwertes für den Menschen sicher. Diese Meinung teilt auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung und als vergleichbare Einrichtung in Österreich die AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit).

Meist sind die Schnullergrößen in drei Stufen gestaffelt:

  • für Kinder von ein bis sechs Monaten,
  • von 6 bis 18 Monate,
  • ab 18 Monate.

Sie können sich auch ziemlich sicher auf die Reaktion Ihres Kindes verlassen – wenn ihm der Schnuller nicht passt, wird es ihn ablehnen.

Es gibt drei übliche Methoden, um einen Schnuller zu reinigen.

  • Auskochen: Bringen Sie in einem kleinen Topf Wasser zum Kochen und legen Sie die Schnuller hinein. Achtung: Der Schnuller muss komplett von Wasser bedeckt sein, deshalb sollten Sie vorher die Luft aus den Hohlräumen drücken und ihn dann vollständig untertauchen.
  • Für die Schnullerdesinfektion mit heißem Dampf benötigen Sie ein spezielles Gerät, das Sie im Baby-Fachhandel bekommen: den Vaporisator. Der heiße Wasserdampf desinfiziert gründlich und das Gerät schont durch seine integrierte Zeitschaltung das Material. Wenn man Schnuller nämlich zu lange erhitzt, werden sie schnell klebrig und porös.
  • Bei der Kalt-Desinfektion werden die Schnuller in eine Lösung gelegt, der vorher eine Chemikalie zugefügt wurde, die die Keime abtötet. Das Problem bei dieser Methode: Chemische Rückstände können sich am Schnuller anlagern und so vom Baby aufgenommen werden.

Schnullerketten sind eine praktische Erfindung. Aber: Schnullerketten sollten nicht selbst gebastelt werden – es gibt die Gefahr, dass das Kind sich bei Überlänge stranguliert. Ketten, die Sie im Handel kaufen können, unterliegen strengen Normen, was Länge und Material betrifft. Meist bestehen sie aus Holz oder Plastik, haben Verschlüsse, die man an der Kleidung des Kindes befestigt, und sie sind nie länger als 22 cm.

Wichtig ist, darauf zu achten, dass sich aus der Kette keine kleinen Einzelteile lösen können, deshalb sollten Sie sie auch unbedingt entsorgen, wenn sie beschädigt ist. Außerdem ist für die Aufbewahrung des Schnullers ein sauberer Behälter von Vorteil, vor allem, wenn man unterwegs ist.

Da der Daumen hart und nicht kiefergerecht geformt ist, entstehen durch das Daumenlutschen mit der Zeit Zahnfehlstellungen und schwer korrigierbare Fehlbildungen am Kiefer. Es wird daher empfohlen, den Schnuller vorzuziehen: Das weiche Material und seine optimal angepasste Form (an beiden Seiten abgeflacht) sollen diese Risiken minimieren.

Überbisse, Kreuzbisse und offene Bisse, vorstehende Eckzähne und Verschiebungen der Backenzähne kommen bei langjährigen Schnullerkindern häufiger vor als bei Kindern, die nicht lutschen. Bis sich der Kiefer durch die Verwendung eines Schnullers verschiebt, dauert es aber seine Zeit: laut einer skandinavischen Studie zwei Jahre, bis sich Veränderungen am Oberkiefer, und drei Jahre, bis sich Veränderungen am Unterkiefer zeigen.

Schnuller beruhigen und können somit das Einschlafen begünstigen. Manche Eltern klagen, dass ihr Kind in der Nacht aufwacht, weil es den Schnuller verloren hat. Eine Möglichkeit wäre, mehrere Leuchtschnuller im Bett zu verteilen. Wenn das Kind aufwacht, nimmt man die Hand des Kindes und greift nach einem Schnuller. Danach führt man die Hand des Kindes mit Schnuller wieder zu seinem Mund. So lernt das Kind, selbst den Schnuller zu finden. Wichtig ist, dass der Schnuller nur gezielt eingesetzt wird und rechtzeitig wieder abgewöhnt wird, damit keine Zahnfehlstellungen entstehen.

Zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr sollte das Kind – so die Empfehlung von Kieferorthopäden – lernen, auf den Schnuller zu verzichten. Bis zu diesem Zeitpunkt kann das Wachstum des kindlichen Kiefers eventuelle Schäden nämlich noch ausgleichen, danach nicht mehr. Berücksichtigen Sie neben den kieferorthopädischen Aspekten aber auch, ob es von der momentanen Lebenssituation und Entwicklung gerade ein günstiger Zeitpunkt zum Abgewöhnen des Schnullers darstellt. Belastende Lebensveränderungen wie z. B. Geburt eines Geschwisterchens, Operation, Umzug, Verlust einer Bezugsperson etc. sind keine günstigen Zeitpunkte um den Schnuller abzugewöhnen. Setzen Sie dies dann entweder davor oder danach an.

In der Regel ist das Abgewöhnen ein schwieriges Unterfangen. Als Hilfen bieten sich Geburtstage oder Weihnachten an, wobei der Schnuller sozusagen eingetauscht werden kann. Er kann aber auch zu andren Zeitpunkten gegen ein Geschenk für "Große" eingetauscht werden. Auch feierliche Zeremonien, in deren Verlauf das gute Stück im Garten vergraben wird, sind oft erfolgreich. Die rabiateste Methode ist das stückchenweise Abschneiden der Schnullerspitze – irgendwann vergeht der Spaß am Nuckeln von selbst. Allerdings ist es wesentlich besser, wenn das Kind den Schnuller aktiv hergibt. Schwieriger ist das Abgewöhnen bei Kindern, die an den Daumen lutschen, das kann bis ins Schulalter dauern. Manchen Eltern fällt es besonders schwer, ihrem Kind den Schnuller abzugewöhnen. Neben den kieferorthopädischen Gründen ist aber auch von entwicklungspsychologischer Seite aus ein überlanger Schnullergebrauch zu vermeiden. Sie halten das Kind unnötig lange in einer jüngeren Entwicklungsphase fest, und blockieren seine Weiterentwicklung.

Ein Schnuller kann hilfreich sein, unbedingt notwendig für das Wohl des Babys ist er aber nicht!

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