Selbstmord

Immer wieder kommt es zu Pressemeldungen über Selbstmorde bei Jugendlichen.

Eltern, Lehrer, Mitschüler stellen sich dann oft die Frage, ob man die Tat nicht hätte verhindern können. Jugendliche Selbstmordversuche werden vermutlich zu zwei Drittel von Mädchen unternommen, dennoch gelingt Buben die Tat weit öfter – vermutlich greifen sie zu „geeigneteren Mitteln“. In Deutschland wiesen Jugendliche die höchste Suizidrate in der Bevölkerung auf. Suizidraten unterliegen starken kulturellen Schwankungen zwischen einzelnen Ländern.

In der Regel lassen sich drei wesentliche Gründe anführen:

  • ein Krisenanlass,
  • die soziale Situation,
  • die subjektive individuelle Krisenanfälligkeit

Der letzte Ausweg, sich selbst das Leben zu nehmen, entsteht dabei meist nicht plötzlich, sondern ist das Ende einer Entwicklung des Jugendlichen. Er sieht für seine Probleme keine Lösung, fühlt sich in die Enge getrieben, überfordert und es entsteht dann auch der Gedanke an Selbstmord. Ein unmittelbarer Anlass genügt dann, um die Tat auszulösen.

Anlass beziehungsweise Auslöser kann letztlich jedes krisenhafte Ereignis sein, das das Kind / den Jugendlichen in eine psychische Notlage bringt. Dies kann das schulische Umfeld genauso wie das familiäre oder Partnerschaftlich/ intime betreffen. Schlechte Schulnoten, Konflikte mit Mitschülern und Lehrern, daneben finden sich als auslösende Faktoren häufig Partnerschaftskonflikte bzw. Trennungen, sexueller Missbrauch, Geldprobleme oder familiäre Probleme verbunden mit mangelnden familiären Problemlösestrategien und geringer Fähigkeit zur verbalen Kommunikation.

Amerikanische Studien legen zudem nahe, dass Ichbezogenheit ebenfalls eine Rolle spielt: Jugendliche kommen nicht damit zurecht, dass sie nicht alles erreichen bzw. bekommen, was sie sich wünschen. Die subjektive Krisenanfälligkeit bzw. Persönlichkeit / psychische Verletzbarkeit mit oder ohne psychischer Grunderkrankung des Jugendlichen muss bedacht werden. Ein akutes Überforderungserleben wird dann kritisch, wenn zu den wichtigen Bezugspersonen keine tragfähige Beziehung besteht. Schwer traumatisierte Jugendliche ( z.B.: nach sexuellem Missbrauch, Misshandlungen, etc.) haben ein 4fach höheres Risiko, an einem Suizid zu versterben, als nicht traumatisierte. Neben dem "Bilanz-Suizid", kommt es aber im Jugendalter auch immer wieder zu impulsiven Kurzschlusshandlungen mit tödlichem Ausgang.

Nicht unterschätzt werden darf die ansteckende Wirkung suizidaler Impulse unter Jugendlichen, die einem nahestehenden suizidalen Freund, oder einem Idol, das sich suizidiert hat , nacheifern, da sie darin die ersehnte Problemlösung erhoffen. In diesem Zusammenhang sind auch Internetforen zu sehen, die einen eben solchen suizidalen Sog auslösen können. Gleichgesinnte schließen sich zusammen, motivieren einander und entwickeln eine hohe Ansteckungsgefahr. Wie dramatisch diese ansteckende Wirkung bei Suiziden ist, zeigen folgende Studien aus Wien von der Forschungsgruppe um G. Sonneck, in denen durch das Nichtveröffentlichen von U-Bahnsuiziden in den Medien ein nachhaltiger Rückgang dieser U-Bahnsuiziden von 80% dokumentiert wird. Neuerdings konnten ebensolche Effekte der "positiven Ansteckung" und Suizidvermeidung erforscht werden. Scheinen nämlich in den Medien Berichte von positiv bewältigten Lebenskrisen am Beispiel von Einzelschicksalen auf, mit denen man sich identifizieren kann, so sinkt die Suizidrate.

Suizidalität ist stets ein komplexes und aus vielen Faktoren bestehendes Geschehen. Die Kinder oder Jugendlichen befinden sich in einer extremen psychischen Notlage mit heftigsten Gefühlen von Verzweiflung, Sinnlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit.

Es ist nicht leicht, eine psychische Krise eines Jugendlichen zu erkennen. Dennoch gibt es einige körperliche Beschwerden, die Ausdruck einer Krise sein können und daher als „Alarmsignale“ gelten können:

  • Schlaflosigkeit,
  • Magen- und Darmbeschwerden,
  • Kopfschmerzen,
  • Niedergeschlagenheit,
  • Gewichtszunahme oder -abnahme,
  • Müdigkeit.

Deutliche Verhaltensänderungen sind auch von Eltern oder Mitschülern beobachtbar. Dazu zählen:

  • geändertes Essverhalten,
  • Veränderung von typischen Alltagsgewohnheiten,
  • Vernachlässigung von Freunden, Familie oder sonst geliebten eigenen Interessen,
  • Konzentrations- und Leistungsschwankungen,
  • Änderung der sozialen Stellung innerhalb der Klasse,
  • Dinge, die der Jugendliche besonders geliebt hat, werden verschenkt,
  • möglicherweise gänzlich unerwartete, plötzliche Verhaltensänderungen wie Weglaufen von Zuhause, Abbruch der Schule usw.,
  • Interesse an religiösen Gruppen bzw. Sekten,
  • Drogenmissbrauch,
  • Rückfall in kindliche Verhaltensweisen bis hin zu Bettnässen,
  • Gefühlsmäßige Einengung des Jugendlichen, die sich darin äußert, dass er gefühlsmäßig nicht mitgeht, unerreichbar scheint
  • eventuell Selbstmordandrohungen. Da bekannt ist, dass den meisten erfolgten Selbstmorden eine Selbstmordandrohung vorausging, ist diese Ankündigung zu 100% ernst zu nehmen! Es ist ein leider sehr verbreiteter Irrtum, dass jemand, der einen Suizid ankündigt, diesen nicht vollzieht.

Bei diesen oder ähnlich gelagerten Symptomen muss umgehend gehandelt werden. Als Eltern sollten Sie sich sofort an psychologische Beratungsstellen, den Schularzt oder eine entsprechende Krankenanstalt wenden. Hilfe ist hier nur durch professionelle Einrichtungen möglich. In manchen Fällen ist hier auch eine stationäre Aufnahme unumgänglich!

Trotz aller Dramatik muss ergänzt werden, , dass nicht jeder Suizidgedanke eines Jugendlichen, wenn er nicht in Kombination mit oben genannten Faktoren steht, pathologisch sein muss. Da das Jugendalter sich auch mit der Sinnfrage wesentlich auseinander setzten muss, sind auch Suizidgedanken eine häufige Folge daraus, die nicht zwangsläufig zum Suizid führen müssen.

Copyright Information

Das Copyright für alle Inhalte der Website liegt bei Dr. Peter Voitl. Eine Wiedergabe ist nur nach schriftlicher Genehmigung durch Dr. Peter voitl möglich.